seltsame Bahnfahrten. Heute: zwischen Joniskis und Riga

... eingeklemmt mit zwei vollbepackten Fahrrädern im Vorraum ohne Fensteröffnungsmöglichkeit zwischen Lokomotive und dreistöckiger, zwischenwandloser Liegewagen/U-Boot-Intimität weißrussischer Familienverbände, der als einziger Raucherraum für würzige, russische Zigaretten dient. Im Zwischenraum gibt es zwar ein geöffnetes Fenster, aber darunter befindet sich das inzwischen randvolle einzige offizielle Müllbehältnis des Waggons.
Ein Durchschreiten des Zuges ist nicht möglich. Jeder Waggon ist autonom. Die LiegewagenschaffnerInnen regieren sie als eigenes Reich (Es herrscht Kleinstaaterei, man weiß nicht so genau, was eigentlich im Nebenwaggon los ist.)

Statt 15 US-Dollar zahlen wir unsere letzten 54 Litvas för die unter der Hand spontan gewährleistete Mitfahrt (anderes Geld hätten wir nicht dabei gehabt. In der Nacht vorher waren wir an der Rigorosität der Schlafwagenschaffnerinnen eines anderen Zuges gescheitert, was uns aber eine nachdrückliche Radfahrt in den um 3 Uhr schon anbrechenden Morgen bis zum Aufgang der Sonne bescherte.)
Obwohl die Entfernungen im Baltikum durchaus mitteleuropäisch kurz sind, scheint man sich auf lange transkontinentale Fahrten einzurichten (ob der Zug extra langsamer fährt, um den Schein der riesenhaften Größe zu wahren?). Man bestückt die Züge mit Schlaf- und Liegewagen, auch den unsrigen, der im frühen Nachmittag an dem Bahnsteig vorfuhr, an dem wir uns befanden, und wenn es nur eine Distanz von 300 km zurückzulegen gibt.